Umfrageergebnis - Forschungsdaten in der Religionswissenschaft
Neben der Religionswissenschaft an sich wurden hier am häufigsten die Sozialwissenschaften und die Kulturwissenschaften als Untersuchungsebenen genannt. Unter den Freitextantworten ist insbesondere die gehäufte Nennung von (Religions-)Ethnologie bzw. Anthropologie sowie des Bereichs Kommunikations- und Medienwissenschaften hervorzuheben.
Mehrfachantworten waren möglich. Nicht überraschend speichern die meisten der Befragten ihre Forschungsdaten hauptsächlich offline: auf ihren privaten und / oder Dienstrechnern sowie auf externen Datenträgern, häufig wurde auch noch die Papierform genannt. Das Online-Speichern in Clouds, auf Repositorien oder in einem professionellen Datenarchiv ist hingegen noch nicht so verbreitet. Ähnliche Ergebnisse haben auch vergleichbare Umfragen in anderen geisteswissenschaftlichen Fächern ergeben.
S. z. B. die Ergebnisse der Umfrage des FID Sozial- und Kulturanthropologie 2016. Sabine Imeri, Ida Danciu [Mitarb.] (2017): Open Data. Forschungsdatenmanagement in den ethnologischen Fächern. Auswertung einer Umfrage des Fachinformationsdienstes Sozial- und Kulturanthropologie an der Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin 2016. Teil I: Statistiken, S. 14. Online unter: Umfrage_Bericht_Statistiken_1.0_14-06-2017.pdf (zuletzt abgerufen am 15.01.2020).
Die Antworten zeigen, dass zwei Drittel der Teilnehmenden bereits eigene Forschungsdaten für andere Forschungsprojekte nachgenutzt haben und auch in Zukunft damit rechnen dies zu tun. Etwa die Hälfte der Befragten gab an, die Forschungsdaten anderer Wissenschaftler*innen bereits nachgenutzt zu haben. Immerhin mehr als ein Drittel hat bereits eigene Forschungsdaten anderen zur Nachnutzung überlassen und sogar fast die Hälfte der Befragten wären dazu in Zukunft bereit.
Insgesamt zeigen uns diese Antworten, dass grundsätzlich eine eher positive Einstellung hinsichtlich der Nachnutzung und Bereitstellung von Forschungsdaten besteht. Für die Zukunft haben mehr Befragte ihre Einstellung noch offen gehalten.
Angesichts der noch weitgehend unbekannten Perspektiven und Möglichkeiten von Forschungsdatenmanagement für die Religionswissenschaft ist das aber auch nicht ungewöhnlich.
Nur wenige Teilnehmende haben mit ihrer Antwort („Nein“) für die Zukunft eine Nachnutzung von Forschungsdaten (eigene oder fremde) bzw. eine Bereitstellung eigener Forschungsdaten zur Nachnutzung durch andere ausgeschlossen.
In der anschließenden Frage 12 haben wir deshalb nach Gründen für diese Ablehnung gefragt.
22 Teilnehmende haben im Freitext auf diese Frage geantwortet und ihre Bedenken und befürchtete Probleme der digitalen Verfügbarmachung von Forschungsdaten geäußert.
Im Wesentlichen haben sich drei Standpunkte herauskristallisiert:
Wissenschaftsethische Gründe wurden mehrfach als Hürde für den freien Zugang zu Forschungsdaten aufgeführt. Konkret betrifft dies vor allem Forschungsdaten, für die eine Vereinbarung beispielsweise mit Interviewten getroffen wurde. Eine Zustimmung liegt normalerweise nur für die Verwendung in einem konkret benannten Forschungsvorhaben vor, nicht aber für eventuelle zukünftige. In diesem Zusammenhang wurden auch Bedenken hinsichtlich der Wahrung von Anonymität geäußert. Hier sehen wir tatsächlich einen sehr konkreten Bedarf, Forschungsdatenmanagement auf die spezifischen Bedürfnisse der Religionswissenschaft und ihrer einzelnen Forschungsfelder abzustimmen.
Die fehlende oder schwierige Auffindbarkeit wurde ebenfalls als Hinderungsgrund für die Nachnutzung von Forschungsdaten benannt. Der zentrale Nachweis religionswissenschaftlich relevanter Forschungsdaten ist ein dringliches Anliegen von RelBib, das wir in naher Zukunft angehen wollen.
Aber auch Zweifel am Nutzen der eigenen Forschungsdaten spielten bei mehreren Befragten eine Rolle bei der Entscheidung, diese nicht zur Nachnutzung frei zugänglich zu machen. Damit einher ging ein grundsätzliches Verständnisproblem, was „Nachnutzung von Forschungsdaten“ eigentlich bedeutet. Diese Antworten zeigten uns deutlich, dass zum Teil ein hoher Informationsbedarf rund um das Thema Forschungsdaten und Forschungsdatenmanagement (Sinn und Zweck) besteht. Auch auf den Aspekt der Nachhaltigkeit (potenzielle Relevanz von Forschungsdaten in Zukunft) sollte in diesem Zusammenhang hingewiesen werden.
In Frage 6 hatten wir nach den aktuell anfallenden Forschungsdaten gefragt – hier ging es nun um die Bereitschaft, diese in einem Forschungsdatenarchiv abzulegen. Mehrfachantworten waren möglich.
Diese Bereitschaft ist für Texte und Textkorpora sehr hoch und entspricht hier fast dem in Frage 6 angegebenen Volumen. Etwas anders verhält es sich beispielsweise für handschriftliche Materialien oder Audio-Aufzeichnungen (z. B. Interviews). Während diese sehr häufig als anfallende Forschungsdaten in Frage 6 benannt worden sind, ist die Bereitschaft sie in einem Forschungsdatenarchiv abzulegen deutlich geringer. In einer der vier Freitextantworten wird der Aspekt hervorgehoben, dass die Entscheidung solche Daten zu archivieren von der Anonymisierbarkeit und den festgelegten Nutzungsrechten abhängt. Ähnliche Bedenken wurden bereits in den Antworten zu Frage 12 geäußert.
Zehn Teilnehmer*innen der Umfrage haben am Ende noch im freien Textfeld Fragen gestellt oder Anregungen notiert. An dieser Stelle gehen wir nur summarisch auf die geschilderten Anliegen ein.
Ein wichtiger, mehrfach genannter Punkt betrifft das Thema Datenschutz und Persönlichkeitsrechte, wo in vielerlei Hinsicht Probleme gesehen werden, was die öffentliche Bereitstellung von Forschungsdaten anbelangt.
Außerdem wurde die Frage nach der Vernetzung zweimal aufgeworfen: Wie kann mit einer Vielzahl von untereinander kaum vernetzten Fach- und Medienrepositorien, die aber jeweils Relevanz für die einzelnen Wissenschaftler*innen haben, umgegangen werden? Dieser interessante Punkt könnte zumindest für die Religionswissenschaft vom FID aufgegriffen und eine Vernetzung über den zentralen Nachweis von Forschungsdaten in RelBib angestrebt werden.
Einzelfragen betrafen zudem den Informationsbedarf in technischen Belangen sowie die Forderung nach einem stärkeren Einbezug von Ethik- bzw. Philosophielehrer*innen.